Klinische Studien

Als klinische Studien bezeichnet man Forschungsstudien mit Testpersonen, die dazu dienen, bestimmte Fragen zu neuen Therapien, Impfstoffen, diagnostischen Verfahren oder auch neue Anwendungsbereiche bekannter Arzneimittel zu untersuchen und auf Sicherheit und Wirksamkeit zu überprüfen.

Viele Erkrankungen können mit Hilfe von Arzneimitteln und anderen Methoden (Operation, Nuklearmedizin, Strahlentherapie) erfolgreich behandelt werden. Trotzdem ist es notwendig, dass nach neuen Therapieansätzen gesucht wird, da die Medizin für die Behandlung von vielen Krankheiten noch nicht die beste Antwort hat. Zur Überprüfung erfolgsversprechender Medikamente oder Therapien ist es notwendig klinische Studien durchzuführen, ebenso zur Optimierung bereits verwendeter Methoden oder neuer Kombinationen.

Für die Patienten ergibt sich die Chance durch die Teilnahme an klinischen Studien, neue und moderne Therapien zu erhalten, welche bisher noch nicht frei verfügbar sind. Dies ist insbesondere bei Krankheitsbildern wichtig, für die es noch keine wirksame Therapieform gibt. Die Teilnehmer an klinischen Studien werden auch als Probanden oder Testpersonen bezeichnet.

Die Art der klinischen Studien wird als Studiendesign bezeichnet. Folgende Begriffe werden verwendet:

  • Prospektiv: vorausschauend, Patienten werden nach dem Einschluss in eine Studie zukünftig beobachtet, zum Beispiel was passiert, wenn der Patient das Medikament X einnimmt?
  • Retrospektiv: rückblickend, Patienten werden nach Durchführung einer Therapie rückblickend analysiert, zum Beispiel zur Erfolg und Nebenwirkungen der Methode.
  • Kontrolliert: Es existiert eine Kontrollgruppe als Vergleich, zum Beispiel ein bereits getestetes Diagnose- oder Therapieverfahren.
  • Placebo-kontrolliert: Im Vergleich zum Wirkstoff wird ein Medikament verabreicht, das ein Scheinmedikament ist und sich äußerlich nicht vom Wirkstoff unterscheidet.
  • Doppel-blind: Patient und Arzt wissen nicht, ob der Patient das Medikament oder ein Placebo erhält.
  • Randomisiert: Ein Zufallsprinzip entscheidet über die Zuordnung zu einer Therapie.
  • Cross-over: Scheinbehandlung und Testbehandlung können nach bestimmten Kriterien, die in der Studie festgelegt sind, ausgetauscht werden.
  • Monozentrisch: Die klinische Studie wird nur in einer Einrichtung durchgeführt.
  • Multizentrisch: Die klinische Studie wird in mehreren Zentren durchgeführt.
  • Aktiv kontrolliert: Zwei verschiedene Therapieverfahren werden miteinander verglichen.
  • Kohortenstudie: Beobachtung einer definierten Gruppe.
  • Case-Control-Studie (Matching): Einer zu analysierenden Gruppe wird eine entsprechende Kontrollgruppe zugeordnet mit ähnlichen demographischen Eigenschaften, um äußere Einflüsse möglichst zu minimieren. (d. h. Alter, Geschlecht, Bildung, Begleiterkrankungen, Vorbehandlungen etc. sollten in beiden Gruppen gleich verteilt sein).

 

Die Qualität der Ergebnisse ist stark abhängig von der Art und Weise wie die Studie durchgeführt wird. Höchste Aussagekraft haben Studien, die wie folgt durchgeführt werden:

  • Placebo-kontrolliert (Vergleich zwischen Wirkstoff und Scheinmedikament)
  • Doppel-blind (weder Arzt noch Proband wissen, welcher Teilnehmer Placebo oder Wirksubstanz erhält)
  • Randomisiert (Zuordnung der zu vergleichenden Therapieformen nach dem Zufallsprinzip)

 

Phasen einer klinischen Studie

 

Klinische Studien zur Prüfung von Arzneimitteln gliedern sich in verschiedene Phasen. In der Phase I und II werden die Verträglichkeit und die Dosis überprüft. In der wichtigen Phase III soll der Wirkungsnachweis geführt werden. Phase-III-Studien werden für die Zulassung eines Medikaments für eine Erkrankung benötigt und sind daher oft groß angelegte prospektive kontrollierte Studien. Phase-IV-Studien sind Beobachtungsstudien (bereits nach Zulassung eines Medikamentes), um seltene Nebenwirkungen zu erfassen.

Gerade für Patienten , die mit den etablierten Therapien bisher nicht den gewünschten Erfolg hatten, besteht die Möglichkeit, ein noch nicht allgemein zugängliches Behandlungsverfahren als Alternative zu erhaltenZusätzlich erfahren die Teilnehmer eine besondere qualitätsgesicherte ärztliche Überwachung und intensive Betreuung. Oft erhalten die Probanden auch eine finanzielle Aufwandsentschädigung, die sich am zeitlichen Aufwand orientiert.

Die Studienteilnahme kann auch Nachteile aufweisen:

  • Die Behandlungen sind eventuell weniger wirksam als bisherige Verfahren oder sogar schädlich.
  • Patienten, die der Kontrollgruppe zugeteilt werden, erhalten nur ein Scheinpräparat.
  • Hohe Belastung durch eine enge ärztliche Überwachung.
  • Einschränkungen durch feste Termine
  • Umfangreiche Dokumentationspflichten.
  • Abstimmung mit den Studienärzten was die Verhaltensweisen oder sonstige ärztliche Behandlungen angehen.

HinweisKeinesfalls sollte man an mehreren Studien gleichzeitig teilnehmen, da dies das gesundheitliche Risiko unberechenbar macht und auch gesetzlich verboten ist.

Es existieren strenge gesetzliche Vorschriften zur Durchführung von klinischen Studien, um das vorhandene Risiko für die Studienteilnehmer einzugrenzen. Jeder Proband ist ausführlich vom behandelnden Arzt oder dem Behandlungsteam über den möglichen Nutzen und die Risiken aufzuklären sowie wichtige Informationen zur Studie schriftlich ausgehändigt zu bekommen.

Die Einwilligung des Studienteilnehmers zur Teilnahme muss vorab schriftlich erfolgen und kann jederzeit ohne Angabe von Gründen und ohne Nachteile widerrufen werden.

Für die Probanden muss grundsätzlich eine Versicherung abgeschlossen werden, die das Risiko eines eventuellen Gesundheitsschadens finanziell abdeckt. Bitte vorher genau prüfen, ob eine solche Absicherung besteht. Wenn nicht, dann sollten Sie keinesfalls zustimmen.

Eine Studie darf nur durchgeführt werden, wenn das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) oder das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) für Studien mit Blutprodukten, Impfstoffen und Antikörperpräparaten diese genehmigt hat. Zusätzlich wägt eine Ethik-Kommission sorgfältig den Nutzen und die Risiken der Studienteilnahme nach ethischen, medizinischen und juristischen Kriterien ab. Sie gibt ihre Zustimmung zur Durchführung der Studie nur, wenn sie keine Bedenken hat.

In Deutschland gibt es das von der WHO anerkannte Deutsche Register Klinischer Studien (DRKS) beim Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI). Das Register dokumentiert derzeit mehr als 7.000 klinische Studien.

Bevor an einer Studie teilgenommen wird, sollten folgende Punkte geklärt werden:

  • Konkrete Ziele der Studie
  • Ablauf der Studie
  • Zeitlicher Aufwand für den Probanden
  • Gibt es Verpflichtungen, die mit der Studienteilnahme verbunden sind
  • Liegen bereits Erfahrungen für das neue Therapieverfahren vor und wenn ja, welche?
  • Was ist der Unterschied zur bisherigen Therapie und wie sieht der Nutzen/Risiken-Faktor aus?
  • Welche Nebenwirkungen können auftreten?
  • Gibt es Einschränkungen (Ernährung, Schwangerschaft etc.) vor oder während der klinischen Studie?
  • Ist eine längere Nachbeobachtung nach Abschluss der Studie erforderlich?
  • Von wem und wie wird die Studie finanziert?
  • Entstehen dem Studienteilnehmer Kosten?
  • Ist eine Aufwandsentschädigung vorgesehen?
  • Gibt es eine Probandenversicherung?
  • Gibt es eine Hotline oder ist jemand im Notfall erreichbar?
  • Verantwortlicher für die Studienbetreuung
  • Datensicherheit (Erhebung, Verarbeitung, Sicherheit)
  • Was passiert bei vorzeitiger Beendigung der Studie?
  • Kann die Behandlung nach Studienende weitergeführt werden, falls gewünscht?

Nach Durchführung der Phase-III-Studien werden die erzielten Ergebnisse vom jeweiligen Arzneimittelhersteller genutzt, um die Zulassung für das Medikament zu beantragen. Dafür ist es notwendig, dass entsprechende Dokumente (Behandlungsmaßnahmen und die Untersuchungsergebnisse) an die Studien-Auftraggeber, zuständige Überwachungsbehörde und zuständige Bundesbehörde weitergegeben werden, die aber verschlüsselt sind.

Die Testpersonen müssen vor der Teilnahme an der Studie sich einverstanden erklären, dass sie der Weitergabe ihrer Daten zustimmen, auch wenn die Teilnahme an der Studie vorzeitig abgebrochen wird.

Für die Aufbewahrung der Daten gelten die aktuellen Bestimmungen des Datenschutzes. In der Regel werden sie mindestens zehn Jahre aufbewahrt. Alle an der Studie beteiligten Personen unterliegen – wie behandelnde Ärzte und Pflegekräfte – der Schweigepflicht und dürfen Ihre Daten nicht an unbeteiligte Dritte weitergeben.

Wie sieht die Studienlage bei Patienten mit neuroendokrinen Tumoren aus? Im Vergleich zu anderen Erkrankungen leider immer noch nicht so gut. Dies ist sicherlich durch die Seltenheit der Erkrankung bedingt und auch durch die geringe Zahl von Medikamenten, die für die Behandlung von Patienten mit neuroendokrinen Tumoren zugelassen sind.

Mit dem Aufkommen neuer Wirkstoffe in der Krebstherapie wurden allerdings in letzter Zeit mehrere Phase-III-Studien initiiert. Zusätzlich verbessert die Bildung von Zentren für die Behandlung von Patienten mit neuroendokrinen Tumoren und das deutsche Register für neuroendokrine Tumore die Bedingungen, um die dringlich notwendigen klinischen Studien für NET-Patienten durchzuführen. Durch diese Maßnahmen werden sich die Diagnose- und Therapieverfahren dieser Erkrankung in Zukunft wesentlich verbessern.

Aufgrund der Pflicht, klinische Studien zentral anzumelden, können sich interessierte Ärzte und Patienten über die national und international durchgeführten klinischen Studien für ihre Erkrankung informieren, denn oft sind klinische Studien die einzige Möglichkeit, neue und innovative Medikamente zu erhalten (die allerdings dafür noch nicht auf ihre Wirksamkeit getestet wurden).

Hinweis: Falls Sie als Patient an einer Studien-Teilnahme interessiert sind, wenden Sie sich bitte an Ihren Arzt oder an Ihr Behandlungsteam.

Erfahren Sie mehr über das Krankheitsbild Neuroendokrine Tumoren (NeT).